Wie begleiten Sie Ihr Kind beim Trocken werden? Hier einige Grundlagen dazu:
Die Entwicklung der Blasen- und Darmkontrolle unterliegt einem genetisch angelegten Reifeprozess und läuft nach individuellen körperlichen und psychischen Faktoren ab. Durch äussere Einflüsse können diese nicht erzwungen werden. Ausscheidungsautonomie ist eine selbstbestimmte Entleerung von Blase und Darm und bedingt spezifische, entwicklungsbezogene Voraussetzungen. Der Prozess braucht Zeit.
Ziel: Der Toilettengang findet auf eigene Initiative des Kindes hin statt und es führt diesen selbständig aus.
Das Alter, in welchem das Kind dieses Ziel erreicht ist unterschiedlich (1.5-4 Jahre). Oft ist ein erstes Signal, dass die Kotausscheidung nicht mehr über Nacht erfolgt. Die Harnkontrolle ist schwieriger, da sich die Blase erst kurz „vorher“ meldet. Am Längsten benötigt die Blasenkontrolle über Nacht. Dies kann bis zum 6. Lebensjahr dauern. Neben körperlichen und koordinativen Voraussetzungen braucht es Eigenmotivation und das Interesse des Kindes, trocken zu werden.
Teilschritte zur Erlangung der Ausscheidungsautonomie
- Das rechtzeitige, innere Wahrnehmen vorausgehender Körpersignale sowie deren richtige Interpretierung.
- Kommunikation an das Umfeld, dass eine Toilette aufgesucht werden muss.
- Das zeitliche Planen des Toilettengangs z.B. frühzeitige Loslaufen und sein Spiel oder die jeweilige Aktivität unterbrechen zu können.
- Das kurze Aufschieben der Urinausscheidung, um auf die Toilette zu gelangen (Muskelkontrolle). Zwischen den Blasenentleerungen liegen mindestens 2 Stunden; d.h. kürzere Intervalle sind kontraproduktiv, da diese meist von Erwachsenen initiiert werden.
- Die erforderlichen feinmotorischen Fähigkeiten sind Hose öffnen, herunter-/hochziehen, Reisverschluss schliessen etc.
- Das selbständige Umsetzen des Toilettengangs braucht Selbstvertrauen: Alleine aufs WC gehen zu können, sich auf die Toilette zu setzen, Klopapier von der Rolle zu reissen und die Spülung zu betätigen. Wie nimmt sich das Kind in seiner Selbstwirksamkeit – abhängig vom Erwachsenen – wahr? Tipp: Tragen Sie ihr Kind möglichst nicht, wenn es schon Laufen kann! Das Kind könnte (Ihnen) sonst glauben, dass es kleiner ist als es selber denkt.
- Die hygienischene Selbstreinigung und Handhygiene eigenständig durchführen zu können oder nicht zu vergessen.
Do‘s zur Begleitung des Trocken werdens
- Seien Sie als Eltern ein Vorbild d.h. offener Umgang mit der Thematik, damit sich das Kind damit auseinandersetzen kann und als etwas Alltägliches erlebt. Das bedeutet sowohl sprachlich, als auch mal die Türe zur Toilette offen zu lassen, damit es reinschauen darf.
- Altersentsprechend das Kind in seine Körperpflege einbeziehen z.B. nicht Handlungen am Kind ausführen sondern mit ihm. Das Kind in eine aktive Rolle setzen statt passiv.
- Helfen Sie anfangs beim Hose herunterziehen und kaufen Sie Kleidung, welche es selber „handeln“ kann z.B. Leggins, Jogginghose. Jeans mit Knopf oder Hakenverschlüsse sind extrem schwierig, zumal es meist schnell gehen muss.
- Töpfli und WC-Ring sind in Griffnähe und Trittschemmeli steht immer vor dem Lavabo bereit. Seife, Handtuch, WC-Rolle alles ist für das Kind in Reichweite erreichbar. Einzelnen WC-Papierstreifen können abgerissen bereitgelegt werden.
- Das Kind putzt vor und Eltern reinigen nach. Selbiges gilt für das Händewaschen.
- Passende Bilderbücher für das Kind bereithalten oder im Rollenspiel beiläufig z.B. den Bär aufs Häfeli setzen. „Oh, dä Bär muss ufs WC“. Eine angenehme Atmosphäre schaffen, mit kuscheligem WC-Vorleger, lustigen Wandsticker oder Büchli zum Verweilen.
- Temporäre oder situative Rückschläge sind im Prozess des Trocken werdens normal z.B. infolge belastender Situationen innerhalb der Familie (Geburt eines Geschwisterkindes, Veränderungen), Albträume und Ängste (Kindergarteneintritt, magisches Alter), gesundheitliche Probleme (Blasenentzündung, Durchfall, Verstopfung) und oft auch das Spieleinnässen (vertiefte Konzentration ins Spiel). In der Regel nässt ein Kind nicht absichtlich ein, demnach ist auch auf Strafen oder Schimpfen zu verzichten; dies kann sogar unerwünschte Verhaltensweisen verstärken. Bleiben Sie gelassen und haben Sie Ersatzkleidung für Ihr Kind unterwegs dabei.
Bieten Sie ihrem Kind die körperliche Nähe und gemeinsame Zeit gerade dann, wenn mal wieder etwas daneben gegangen ist!